Jörg Leuthold: Koinonia – die Kirche gehört ins Dorf

Aus Sicht des Kirchenvolks – wie ich sie wahrnehme – sollen hier einige Stichworte ausgedeutscht werden. Wem dies als Satire vorkommt, dem sage ich: Sie ist ernst gemeint.

Bedürfnisse. Das normale Kirchenvolk, das unsere Steuern zahlt, hat ganz andere Bedürfnisse als diejenigen der ‚modernen Performer‘, ‚Experimentalisten‘, ‚Eskapisten‘ und ‚konsumorientierten Hedonisten‘, welche der Kirchenrat – legitimiert durch die Sinusstudie – professionell befriedigen will.

Professionell. Dieses Schlagwort ist im Diakoniekonzept allgegenwärtig. Es bedeutet eine Abwertung der christlichen Freiwilligenarbeit, welche das A und O der christlichen Diakonie ist.

Erwartungen. Der Kirchenrat redet von Erwartungen. Diese sind nach meiner Erfahrung: Das Gemeindelied erwartet
• dass die Kirche im Dorf bleibt,
• von einer Pfarrperson beerdigt zu werden, die mich kennt,
• von dieser Pfarrperson im Spital besucht zu werden, wenn es mir schlecht geht (leider kann diese Erwartung infolge des professionellen Datenschutzes oft nicht mehr erfüllt werden),
• dass die Pfarrperson jemanden kennt, den ich kenne, so dass ich signalisieren kann, wenn ich Hilfe brauche. Das heisst, er soll im Volg, bei gesellschaftlichen Anlässen oder in Vereinen im Dorf anzusprechen sein.

Kirche am Ort statt am Weg. Die Kirche gehört ins Dorf. Angefangen hat sie mit Dorfkirchen in Griechenland und Kleinasien, vgl. die Sendschreiben an die Gemeinden im Buch der Offenbarung. Wenn man die Kirche aus dem Dorf herausnimmt, werden die Freiwilligen abspringen, und die Austritte so zunehmen wie in der Stadt.

Sparen. Viele Pfarrer im Dorf, auch ich selber, wären bereit, wegen schwindenden Ressourcen nur noch 90%, 70 % oder 50 % zu verdienen. Dies besonders in der Zeit um und nach dem Pensionsalter. Die kommenden Pfarrpersonen sind mehrheitlich Frauen. Sie wünschen flexible Arbeitszeitregelungen.

Zeitgeist – Heiliger Geist. Täuscht der Eindruck, dass sich der Kirchenrat oft so dreht, wie der Zeitgeist bläst (z.B.: die corporate indentity hängt daran, wie viele Millimeter das Logo misst)? In der Bibel meine ich aber zu lesen, dass dieser Geist nicht der Heilige Geist ist, von dem wir uns leiten lassen sollten.

Jörg Leuthold ist Landpfarrer in Rickenbach ZH.

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